Das Allgäu (einige Bilder ganz unten)

– ein Teil aus dem Paradies

Mit Haustausch fing es an... Im Jahr 2015 machten wir unseren ersten Haustausch: d.h. man tauscht sein Haus/Wohnung mit einem anderem Paar/Familie, um den Urlaub dann dort zu verbringen, wo die andere Familie lebt.

2018 zog es uns nach Wien. Nach einiger Suche stießen wir auf das reizende Haus von Karl Melber. Wir setzten uns mit ihm in Verbindung und waren uns auf Anhieb sympathisch - was natürlich die Grundvoraussetzung für einen Haustausch ist. Wir vereinbarten einen Tausch und so kam es, dass wir nach Wien fuhren und Karl mit seinen Freunden zu uns.

Wir sind eine Familie mit vier Kindern, die auch schon damals alle erwachsen waren, weshalb wir „nur“ mit unserem „Küken“ Veronika Wien besuchten.

Das Allgäu- ein Gebiet, vier Regionen

Wir kommen aus dem Allgäu- im Gegensatz zu Wien sehr ländlich- mit vielen Bergen, Seen und noch mehr Kühen. Das Allgäu teilt sich in vier Regionen auf :

Das Westallgäu mit Leutkirch, Wangen und Lindau am Bodensee (als Höhepunkt). Das Unterallgäu mit Memmingen und Mindelheim, das Ost- und das Oberallgäu. Das Ostallgäu ist weltweit bekannt durch das Märchenschloss Schloss Neuschwanstein, Füssen und die umliegenden Seen. Wir wohnen im Oberallgäu, am Niedersonthofener See, der laut verschiedener Führer einer der schönsten Plätze im Allgäu sein soll- und das finden wir natürlich auch!

Unsere Highlights im Oberallgäu.

Von hier aus hat man einen herrlichen Blick in die Oberstdorfer Berge. Wo wir auch schon bei den Attraktionen unserer Region wären: Oberstdorf mit der Nebelhornbahn und der Skisprungschanze, die viele vom Skispringen her kennen. Am Weltcupexpress fanden schon diverse Skirennen statt. Auch der Eiskunstlauf ist in Oberstdorf beheimatet. Die Läufer dort trainieren hart für die Teilnahme an den Olympischen Spielen.

Sehr sehenswert und fast ein Besuchermuss ist, in der Nähe von Oberstdorf, die mystische Breitachklamm, die Sommer wie Winter eine Faszination ist.

Das Tal , indem wir wohnen ist das Illertal.

Von diesem Tal aus strecken sich mehrere Täler zur Seite, die alle ihre eigenen reizvollen Plätze beherbergen: Das Ostrachtal mit dem Schrecksee (der zu unserem schreck inzwischen eine Weltsensation und kein Geheimtipp mehr ist). Das Oytal, das Trettachtal mit dem Christlesee und Gerstruben (alte Bergbauernhöfe). Das Stillachtal mit eine guten Blick auf die Mädelegabel (2644m) und die Trettachspitze (2595m). Zwei der höchsten Berge in den Allgäuer Alpen. Ein weiteres Tal ist das Gunzesrieder Tal, in dem eine sehr gute Sennerei liegt.

Unser Käse

Apropos Sennerei: bezeichnend im Allgäu ist natürlich unser Käse. Bevor das Allgäu durch den Tourismus reich wurde, lebten und leben immer noch viele Bauern von der Milchwirtschaft. Durch die hohe Lage wächst bei uns am besten Gras (-: . Da der Käse von jeher eine wichtige Einnahme- und auch Nahrungsquelle war, ist das Traditionsgericht auch die Kässpätzle – viele Kalorien- aber seehr lecker! Den kulinarischen Köstlichkeiten sind natürlich auch bei uns keine Grenzen gesetzt, weshalb es wohl nicht schaden kann, die erworbenen Kalorien wieder abzutrainieren.

Dem Hüftgold an den Kragen gehen…

Im Bereich Sport kann man im Allgäu unendlich viel machen: wandern, radeln, schwimmen, Paragliding, mountainbiken, standup-paddeln, canoying, raften- und wie das neudeutsche Zeugs noch alles heißt - also bleiben wir mal lieber beim Wandern. Da ist für jedermanns Geschmack und Kondition etwas dabei:

Eine unserer Lieblingstouren: Von Altstädten zum Altstädter Hof

Das Auto kann man am Parkplatz Nähe Freibad Altstädten abstellen und folgt den Wegweisern Richtung Altstädter Hof. Von hier aus sind es ca. 500 Höhenmeter bis zum Ziel. Ein bisschen Kondition ist also schon nötig. Die schonender und nicht weniger schöne Variante ist vom Einstieg in den Tobelweg bis zum Altstädter Hof:

Mit dem Auto Altstädten durchqueren. Nach Ortsende links abbiegen. Die Straße führt zu einer Mautstation. Nach ca. 500 m kann man das Auto am Straßenrand abstellen und rechts in den Leybachtobel einsteigen. Ein Weg, der besonders an heißen Sommertagen reizvoll ist. Ein schmaler Pfad, der von Moos bewachsen ist und entlang am plätschernden Wasser durch den Wald führt.

Nach ca. einer Stunde kommt man wieder auf die Teerstraße, auf der man die letzten 20/30 Minuten bis zum Altstädter Hof, ohne Wald dafür von Kühen flankiert, steil hoch läuft. Oben wird man natürlich kulinarisch verwöhnt und hat einen herrlichen Blick über das Illertal, das uns nun zu Füßen liegt. Hier ist es besonders in den Abendstunden schön. Man kann seinen Rücken herrlich von der warmen geschindelten Wand der Alpe wärmen lassen und der untergehenden Sonne zusehen. Manchmal hat man das Glück, dass ein paar Musiker das Ganze mit Steirischen oder mit Alphornklängen untermalen. Aber wenn auch nicht, kann man die herrliche Ruhe genießen, die nur vom Gackern der Hühner oder dem Klingen der Schellen des Allgäuer Braunviehs unterbrochen wird.

hier kann die Seele frei atmen!

Geografische Lage

Das Allgäu liegt im südlichsten Teil Deutschlands. Oberstdorf liegt gleich angrenzend an das Kleinwalsertal. Von uns bis zum Gardasee sind es 400km, bis Hamburg 1000 km. Nur um das mal so anzuschauen. Die Grenzen des Allgäus werden noch diskutiert. Für den Oberstdorfer z. Bsp. hört es bereits in Fischen auf (Nachbarort von Oberstdorf).

Dialekt (kursiv gesetzt)

Der Allgäuer Dialekt ist sehr speziell und in jedem Teil anders eingefärbt. So ist auch für uns manche Mundart schwer verständlich.

Und für jemand, der „kuin Inghimischer“ (kein Einheimischer) sondern “an Zuagroister“ (Zugereister) ist, fast nicht zu verstehen.

Ein paar Kostproben vom Hüttenberger Dialekt:

Morgen bin ich in Sonthofen - Morn bi i Z`unthofa.

Meine Katze ist gestern beim Nachbarn gewesen - Ming Kotz isch z`nächt bim Nochbür gweacha.

Sie haben das Braunvieh in den Stall getrieben - Dia hond d`Schumpa in de Stoll ning trieba.

Je nach Gebiet verändert sich auch die Sprache:

So wird im Ostallgäu das „au“ zum “o“ Oder im Westallgäu spürt man den Einfluss der nahen Schweiz. So wird gewesen zu „gsi“.

Ein allgäuer Kabarettist ist ja der Meinung, dass sämtliche Sprachen dem Allgäuerischem entspringen:

Z.Bsp.das Afrikanische: dund am ba, dund am b, dund am ba - bedeutet: drunten am Bach

Oder das Chinesische: Di hond de ring ning, de ring ning,de ring in de dung dong - Bedeutet: Die haben den Ring in den Humus gesteckt.

Und sogar im Englischen wurden Allgäuer brocken gefunden: Aus dem Wort Power wurde Baur ( Bauer).

Ob diese These dem Wahrheitsgehalt treu bleibt, ist nicht überliefert. Aber nachdem in Kempten und Kaufbeuren eine hochentwickeltere Spezies des Menschenaffen mit dem Spitznamen Udo gefunden wurde, verhärtet sich zumindest diese Annahme! (-:

Mentalität

So eigen wie sein Dialekt ist auch der typische Allgäuer und er lässt sich keinesfalls Bayern, geschweige denn Deutschland zuordenen! Denn der Allgaier „ isch a oigene Rass“ (er ist eine eigene Rasse).

Der typische Allgäuer ist naturverbunden, zuverlässig ,treu und fleißig- „an richtiga Mächlar“ ( ein Macher, der alles selber macht). Außerdem Fremden gegenüber erst mal misstrauisch. Und hier haben es „Gelbfiaßler“ ( Würtemberger)und alle, die jenseits der Weißwurstgrenze (Main) herkommen, erst mal ziemlich schwer.

Hier muss man sich erst mal bewähren und den Gepflogenheiten anpassen: d.h. am besten einem Verein oder der Feuerwehr beitreten, denn hilfsbereit ist er auch, der Allgäuer und am „ Fescht“ und am „ Moß“ (Feste und Bier) ist er auch nicht abgeneigt. Gefällt ihm ein Mädchen (a Fehl) heißt es : Do hob i au scho Wiaschtere gsea (Da hab ich auch schon Hässlichere gesehen = Bist du ein Hübsches Mädchen). Woran man schon merkt ,er jetzt unbedingt der begnadeste Lober ist.

In den Dörfern ist jeder mit jedem verwandt und so halten sich in manchen Ortschaften einige wenige Namen hartnäckig.

Wie in Opfenbach (Westallgäu) der Name Straub oder in Hinterstein (Oberallgäu) Wechs, Anwander und Brutscher.

Glaube

Noch ein typischer Merkmal des Allgäuers ist: er ist abergläubisch! Weshalb er, anstatt zu „ irgendoim Quacksalber“ zu gehen , lieber zum Heilpraktiker oder „G`sundbeater“ (Gesundbeter) geht. Da werden erst mal allerlei Tees, Kräuter und Magnettherapien aus probiert, Warzen weggebetet und Wasseradern ausgependelt , bevor der sonst sehr sparsame Allgäuer zum Arzt geht. denn hier gilt die Devise: liaber g´sund g´storba als kronk verreckt ( lieber gesund gestorben, als krank verreckt).

Und hier hören wir schon: der Allgäuer hat Humor- einen trockenen und man darf nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen - nach dem Motto:rauhe Schale, weicher Kern. Aber manchmal können die Töne schon etwas rauher werden, vor allem wenn es um Grundstücksverletzungen, unsachgemäßen Umgang mit der natur oder Unredlichkeit geht. Da kommen dann schon Äußerungen wie :“ Wenn des it schtimmt, was du do saisch, dann knüpf i di am nägschta Opfelbomm uf!“(„Wenn das nicht stimmt, was du da sagst, dann knüpf ich dich am nächsten Apfelbaum auf!“).

Das Allgäu wird nicht umsonst mit dem wilden Westen verglichen und manch einer ist schon in der Jauchegrube (Bschüttelo) gelanget! Trotz alledem ist der Allgäuer gottesfürchtig und kinderlieb. In unserer Region ist es noch relativ häufig, dass Familien 4-5, manchmal auch 6-7 Kinder haben.

Aber das Allgäu wird auch immer mehr Schmelztiegel vieler Kulturen und so ist diese Spezie des „typischen“ Allgäuers eher am Aussterben.

Traditionen

Aber was noch nicht vom Aussterben bedroht ist, sind unsere Traditionen, die sich an den Jahreszeiten, wie aber auch am Kirchenjahr orientieren.

1.Christbaumloben

Fangen wir mit Weihnachten an- für mich das schönste Fest des Jahres.

Liegt das Christkind in der Krippe und sind die ersten Feiertage vorüber, werden die Likör-und Schnapsflaschen auf dem Wohnzimmertisch bereitgestellt. Von nun an darf jeder, der durch die Türe tritt eifrig den Christbaum loben,-ob freiwillig oder nicht (-:. Dafür bekommt er zur Belohnung einen Schnaps oder Likör.

Dieser Brauch erfreut sich allergrößter Beliebtheit.

2.Neujahrsblasen

Die Likörflaschen kann man aber gleich stehenlassen, denn der Jahreswechsel naht und mit ihm die Blaskapelle zum „Neujahrsblose“.

Vor dem Haus wird ein Ständchen zum Besten gegeben. Auch jene werden mit Schnaps und einer Spende belohnt. Der ein oder andere Ton klingt manchmal nicht mehr ganz fein, aber das ist nicht so wichtig (-:.

3.Dreikönigssingen

Mit den „Dreikönigssängern“ kommen die nächsten Gäste, die allerdings keinen Schnaps, sondern Süßigkeiten und auch eine Spende bekommen.

4.Ausräuchern

In den Rauhnächten, die Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönig, werden die Häuser mit Weihrauch ausgeräuchert, um Krankheiten vorzubeugen oder zu vertreiben. Dieser Brauch wird aber heutzutage nicht mehr so intensiv betrieben.

5.Fasching

Mit den vielen Umzügen und Themenwagen. In Lindau und Wangen tragen die „Mäschkerle “nach allemanischen Brauch Holzmasken und Schellen .

6.Funkenfeuer

Mit dem Aschermittwoch wird die Fastenzeit eingeläutet. Am 1. Sonntag danach, wird der Winter verbrannt. Die Jugend baut tags zuvor einen riesigen Holzhaufen mit einer Hexenpuppe als Spitze auf. Dieser Haufen muss über Nacht bewacht werden- ansonsten hat die Jugend ihren Funken die längste Zeit gesehen und am nächsten Morgen ist nur ein kleines trauriges Häufchen Asche übrig.

Funkensonntagabend wird der Haufen dann offiziell angezündet und für alle gibt’s Funkenküchle und Punsch.

7.Maibaumaufstellen

Zwischen dem Funkenfeuer und dem Maibaumaufstellen gibt es noch einige kirchliche Bräuche, die ich aber nicht weiter erläutern möchte, da sie sich von österreichischen Traditionen, wie ich meine, nicht unterscheiden.

Am 1. Mai wird unter viel “Hurra“ der Maibaum aufgestellt ( wenn er nicht gerade abbricht, so wie es bei uns letztes Jahr geschehen ist).

Auch dieser muss über die Nacht vorher streng bewacht werden, ansonsten wird er von der Jugend des Nachbardorfs gestohlen und muss durch einen Kasten Bier ausgelöst werden.

8.Allgäuer Festwoche

Im Sommer findet jährlich in Kempten die alljährliche Allgäuer Festwoche statt. Sie ähnelt dem Oktoberfest,- nur kleiner. Es gibt viele Stände, Musik, Leckereien und verschiedene Veranstaltungen über die ganze Stadt verteilt. Das Zentrum bildet ein Ausstellungsgelände mit einer Messe hauptsächlich für den landwirtschaftlichen Bedarf z.Bsp. Traktoren etc. . Alle kommen natürlich in Tracht.

9.Viehscheid

Im September ist dann wieder ein großes Highlight. In vielen Dörfern gibt es einen Viehscheid. D.h., das Jungvieh, das über den Sommer auf den Alpen war, wird ins Tal getrieben. Ganz vorne  ein Hirt, mit dem Namen der Alpe und die Kranzkuh, die aber nur einen Kranz tragen darf, wenn die Herde den Sommer unbeschadet überstanden hat. Danach die anderen Hirten und die Herde, der Alpwirt und die Wirtin, bzw. Senn und Sennerin, wenn in der Alpe auch Käse produziert wird. Zum Schluss noch Kind und Kegel, in hölzernen Ziehwagen , Ziegen und wer so sonst noch dort oben gelebt hat. Es gibt Musik, Tanz und viel Deftiges Essen. Alles, was irgendwie laufen kann, kommt und zwar in Tracht! In Dirndl und Lederhose!

10.Klosetreiben

Naht der Winter, ziehen schaurige Gestalten umher: am 4. Dezember die“ Klausenbärbele“ und am 5./6. Dezember die männlichen Synonyme: die furchterregenden Klausen. Mit rieseigen Köpfen, Fell über den ganzen Körper und riesige Hörner. Um die Hüften große Schellen und in der eine Rute. Wer bei drei nicht auf einem Baum ist, wird verhaut. Da diese Tradition leider oft sehr ausgeartet ist, müssen sich heute alle Klausen registrieren lassen und teilweise dürfen sie sich nur noch in eingegrenzten Bereichen bewegen.

Es gibt eigen Klausenvereine, die zur Auflage haben, dass die Teilnehmer noch unverheiratet sein müssen (-: ! In den Bergdörfern kommen die Klausen auch heute noch zusammen mit dem „Heiligen“ ( St. Nikolaus“) in die Stuben der Menschen. Für die Kinder ist diese Zeit immer mit großer Aufregung manchmal auch mit Angst verbunden.

Das Allgäu- eine Reise wert

Ja, so ist es, - unser Allgäu: mystisch - schaurig und schön. Man kann es hier gut aushalten - um es als allgäuerisches Höchstlob auszudrücken! Als der liebe Gott das Paradies schuf, ist ihm wohl ein Teil auf dieses Fleckchen Erde gefallen.

Das Allgäu- eine Reise wert- besuchen Sie uns doch mal!

Sandra Wetzel, Allgäu

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